LEONIJA WUSS-MUNDECIEMA

Film-Auswahl

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DIE VETTERN VON WAHLSTATT
Der Film lenkt die Aufmerksamkeit auf Momente der langen Schicksals-Gemeinschaft zwischen Deutschen und Polen. Aus ferner Zeit nimmt er die Wahlstatt – Legende auf, erzählt die Geschichte der Heiligen Hedwig und der Vettern von Wahlstatt, um aus der Tiefe des 13. Jahrhunderts die Wege des modernen Europa zu erklären.
Die Wahlverwandtschaft von sechs Adelsfamilien, die vor Jahrhunderten die Sorge für ein Neugeborenes übernahmen, bleibt bis heute bestehen, und sie bietet ein Gleichnis an, welches darauf verweist, dass die Überlebenden der Kämpfe die Verantwortung für das Kommende tragen.
Dank dieser Wahlverwandtschaft wurde 1991 das 750. Jubiläum der Schlacht von Wahlstatt bei Liegnitz/Legnica erstmals zusammen mit Polen gefeiert, denn es war ja seinerzeit die gemeinsame Anstrengung der Deutschen, Polen, Ungarn und Russen, die Westeuropa vor weiteren Verwüstungen der einfallenden Mongolen bewahrte.
So schafft die Legende den poetischen Ausgangspunkt für einen Film, in dessen Mittelpunkt die Vettern von Wahlstatt mit ihren Bemühungen um ein modernes Europa stehen, das eine angemessene Haltung zur Geschichte, Gegenwart und Zukunft der beiden Nachbarländer braucht. Der Kameraführung von Hans-Eberhard Leupold verdankt der Film herb-schöne Bilder der Natur und Baukunst von großer Einprägsamkeit. Die Musik von Karlovicz gibt dem Lande der europäischen Mitte seine romantische Stimme.
Ein Film über Deutschland und Polen, der aktuelle Fragen aus ungewöhnlichem Sichtwinkel betrachtet, und einen dazu zwingt, die Probleme des Alltags in größere Zusammenhänge europäischen Denkens zu stellen.

Kontakt:  Ö Filmproduktion GmbH; mail@oefilm.de

 

RÜCKKEHR VOM POLARKREIS
Hinter dem Ural, auf der Jamal-Halbinsel im hohen Norden Russlands, wohnen 1992 noch mehrere tausend Deutsche, die der Krieg dorthin verbannt hat. Eine Familie ist aus dieser kargen Region in die Schwäbische Alb gekommen, von wo aus ihre Vorfahren im 18. Jahrhundert nach Russland gezogen waren. Die anderen sind in Salechard geblieben. Beides zeigt der Film, denn die Geschichte von Familien und Völkern ist zugleich auch eine Geschichte von Hoffnungen. Die besondere Schönheit der nördlichen Landschaften regt an, darüber nachzudenken.
Es wird im Film über die Heimat reflektiert, und jeder der Protagonisten verbindet mit diesem Wort etwas sehr Eigenes, so dass ihre Persönlichkeit und ihre Bindung an bestimmte Werte sichtbar werden. Die Sehnsucht nach Frieden verdeutlicht sich insbesondere im Gespräch mit dem Nachbarn der russland-deutschen Familie, die in Laichingen ihr neues Zuhause gefunden hat. Der Nachbar erzählt über die Erfahrungen seines Cousins, der in der russischen Gefangenschaft war und erst sehr spät zurückgekommen ist. Dann hören wir einem Pastor zu, wie er über die Hoffnung nachdenkt. Auch unter den Deutschen im hohen Norden Russlands spricht man über die Hoffnung auf Frieden und die mögliche Zukunft beider Länder. Wir sehen die ungewöhnlichen Bilder von Salechard, der Stadt am Polarkreis, sind in der Schule für tuberkulosekranke Kinder, wo Chanten, Nenzen und Samojeden lernen. Deren Direktor und Geschichtslehrer will dort auch bleiben, denn er zweifelt daran, ob er in Deutschland gebraucht wird. Auf der Jamal-Halbinsel, die übrigens seit 3000 Jahren bewohnt ist, blicken wir in einem Museum auf die wenigen Exponate, die über eine untergegangene Stadt am Tas-Fluss Auskunft geben - die Festung Mangaseja, „die Goldene“, wurde dort um 1600 am Tas-Fluss mit dem Ziel erbaut, den Handel mit Europa zu begünstigen. Doch die Stadt lebte nur kurze Zeit. Trug damals das raue Klima der Eismeerregion die Hauptschuld an ihrem Verfall oder ein zu schwacher Glaube an den Sinn enger Beziehungen zwischen Europa und Asien? Die historische Situation, die die Lebensmöglichkeiten der Russlanddeutschen so unerwartet verändert hat, erlaubt es, große und kleine praktische Entscheidungen mit Alltagsphilosophie verbinden. Die Kamera von Wolfgang Dietzel und Leonid Kasavtschinskij findet dafür einen eindrucksvollen visuellen Ausdruck.

Kontakt: Progress Film-Verleih GmbH; verleih@progress-film.de

 

WER SIND WIR? DEUTSCHE IN SIBIRIEN 1990
Im Programm der
41. Internationalen Filmfestspiele Berlin 1991
21. internationales forum des jungen films
Vor dem Titel Schlagzeilen aus Zeitungen, die die schwer lösbaren Probleme der Deutschen in der Sowjetunion benennen. Der Film hat aber einen ganz anderen Gestus. Da geht es nicht um spektakuläre Vorgänge, sondern man begegnet Menschen, deren ganzes Leben von den Konflikten geprägt ist und die darüber nachdenken. Erkennbar wird ihre moralische Situation, ihre Lebensphilosophie, auch, welchen praktischen Ausweg der Einzelne aus der komplizierten Lage sieht. Am Anfang werden kurz die Hauptpersonen vorgestellt: Ein Dozent, ein Imker, ein Genetiker, ein Schuldirektor, jeder in seinem Alltag; dann ist man Zeuge, wie eine Familie aus dem sibirischen Mirnij nach Frankfurt am Main aufbricht. Über das Archiv in Engels gewinnt man Einblick in die Geschichte der Deutschen in Russland, die um 1763 einsetzt.
Unvermutet begegnet man im Akademiestädtchen von Novosibirsk einer Nachfahrin des Adjutanten Friedrichs des Großen, Frau Dr. Natalia von Prittwitz, deren Familie schon lange in Russland lebt. Es wird über den Begriff „Russlanddeutscher“ reflektiert, und wir sehen, wie man in der Unionsgesellschaft „Wiedergeburt“ um das Recht der Deutschen auf eigene Staatlichkeit kämpft, die ihnen nationale Identität und kulturelle Entwicklung sichern helfen könnte. Der Schuldirektor eines Jugendwerkhofs am Tom - Fluss warnt davor, aus der gemeinsamen Vergangenheit das Böse und den anderen Belastende herauszuziehen und damit zu spielen, weil ja nur das Schöne und Gute der Welt nützlich sein kann.
In der faszinierenden Umgebung Sibiriens erleben wir Menschen, die über die
konfliktreiche Situation der Deutschen in Sibirien nachsinnen. So erzeugt der Film mit seinen herb-schönen Bildern, seinen trotz allem souveränen Helden und seinem genauen Geschehensrhythmus allmählich ein Geflecht von Landschaften, Ansichten zur Zeit, Biographien und nicht zuletzt ganzen Familiengeschichten, das den Zuschauer die Widersprüche miterleben lässt und ihn in die historische Dimension jener politischen Fragen führt, die heute entschieden werden müssen. Er weiß und fühlt, worum es hier geht. Die Kameraführung von Wolfgang Dietzel schafft die notwendige Konzentration und Ruhe dafür.

Kontakt: Deutsches Rundfunkarchiv (DRA); www.dra.de

 

WER KENNT HEUTE NOCH DIE PRUSSEN?
KALININGRAD – KÖNIGSBERG - TVANGSTE
„Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender das Nachdenken sich damit beschäftigt: Der gestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir“ – An diese Worte Kants erinnert der Film, während man die Geschichte eines fast vergessenen Volkes nacherlebt, die mit Akribie und Fleiß von Otto Schneidereit aus Stralsund zusammengetragen wurde. – Eine Art Doppelporträt:
Wir lernen den Autor kennen, dem journalistische Arbeit versagt blieb, der ein Buch über die Prussen geschrieben hat, es aber bis 1990 in deutscher Sprache nicht herausbringen konnte, und wir erfahren das Wesentliche über die „Indianer
Europas“ – die Prussen. Ihre Stämme haben einst umfangreiche Gebiete bewohnt, die vom Frischen bis zum Kurischen Haff weit landeinwärts reichten.
Bis zum 13. Jahrhundert lebten die Prussen frei, dann wurden sie versklavt, ihre Sprache wurde verboten. Die Preußen haben sich ihren Namen angeeignet, das Volk aber in die Vergessenheit abgedrängt. Die Sprache der Prussen gehört zu den ältesten des Kontinents, und ihre Denkweise findet in den wissenschaftlichen Systemen von Nikolaus Kopernikus und Immanuel Kant einen deutlichen Ausdruck; man sollte sich auf ihren Wert besinnen. – Der Film philosophiert nicht verbal, er deutet Geschichte durch klare Bilder aus, durch die herben Landschaften der Kurischen Nehrung und die einprägsamen Gesten und Haltungen der Menschen. Und er wirft auch die Frage auf, wie jene Stadt im Herzen Europas künftig heißen soll: Kaliningrad? Wieder Königsberg? Bis zum Jahr 1247 stand dort Tvangste – eine kunstvoll aus Holz erbaute Burg der Prussen. Man hat sie niedergebrannt und das Volk unterjocht. Sollten wir nicht die ganze Geschichte befragen und auch in die fernen Zeiten der Vergangenheit schauen, wenn wir auf die Fragen von heute brauchbare Antworten suchen? Otto Schneidereit , der selbst aus dem Prussischen kommt, meint, dass diese Region in einen Naturschutzpark Europas verwandelt werden sollte, denn die Erinnerung an die Prussen könnte so besser gepflegt und bewahrt werden.
Dank ihrer aufmerksamen Haltung gegenüber dieser Geschichte sorgt die Kameraführung von Hans-Eberhard Leupold und Algimantas Mikotenas für bleibende Eindrücke.

Kontakt: Progress Film-Verleih GmbH; verleih@progress-film.de

 

SINGEND BIN ICH GEBOREN
(EINDRÜCKE EINES TOURISTEN 1985)
Ein kurzer Film, der die phänomenale Kraft des lettischen Liederfestes miterleben lässt. Sechsundzwanzigtausend Sänger aus allen Gebieten Lettlands kommen nach Riga, um das Fest des Liedes gemeinsam mit genauso vielen Zuhörern zu feiern. Kurz begleitet der Film einen kleinen Chor aus Kekawa, sieht dem prachtvollen Umzug der Sänger, Dirigenten, Tänzer auf den Straßen Rigas zu. War es das Lied, das dem Land die Kraft gegeben hat, über Jahrhunderte der Fremdherrschaft hinweg die lettische Sprache und Kultur zu bewahren? Mehr als eine Million Vierzeiler, Dainas, genannt, gehören diesem kleinen Volk, und man sagt, dass auf jeden Letten ein Lied käme. „Das Lied hat heute seinen großen Tag“, wird im Ausklang des Films gesungen - eine Manifestation besonderer Art.

Kontakt: Progress Film-Verleih GmbH; verleih@progress-film.de

 

AUF WEN SOLLTE ICH BÖSE SEIN – ADAM SCHMIDT AUS SALECHARD
Ein Film über Menschen, die am Polarkreis in Russland leben und uns inmitten einer faszinierenden Natur ihre Träume und ihr Leben erzählen.
Beim 60. Jubiläum eines Dorfes begegnen wir Russen, Deutschen, Ukrainern, die 1930 dorthin verbannt worden sind. Am wilden Ufer des großen Ob - Stroms haben sie damals das Dorf Gorki erbauen müssen.
„Damit das Märchen auf der Erde lebe...“, singt eine Lehrerin, die uns später ihre Geschichte anvertraut. Weil ihre eigene Mutter schwer erkrankte, hat eine deutsche Frau, die zu gleichen Zeit wie diese eine Tochter bekam, auch sie genährt, und so hat sie nun eine deutsche Milchschwester. Tante Natalia kann kaum noch deutsch, aber sie erinnert sich an die Nachkriegszeit ohne Groll. „Die Menschen waren damals freundlich und hilfsbereit zueinander“, sagt sie uns.
In einem sorgsam gepflegten Haus erfahren wir im Detail, wie man mit den härtesten Bedingungen fertig werden musste. Wir sehen die Spuren des Lagers „Sarepto“. Die dorthin Verbannten hatten die Gleise der Eisenbahnlinie 501 zu verlegen, die Kontinente verbinden sollte; niemals ist ein Zug über diese Schienen gefahren. Das Ehepaar Müller, das an der Strecke mitarbeiten musste, erklärt uns auch, wie sinnlos eine Flucht aus dem Lager war: „Fliehst du aus einem, kommst in das andere.“
In Salechard versucht man, uns die unbeschreibliche Wirkung des Polarlichtes zun erklären, und wir erfahren über das Leben der Russlanddeutschen, die dorthin verbannt wurden. Viele wichtige Funktionen in der Stadt werden heute von ihnen getragen, doch für die Pflege der eigenen Kultur gibt es in Salechard keinen Ort - keine eigene Schule, keine Kirche, kein kulturelles Zentrum. Der Glaube, dass es einmal besser sein wird, hält sie jedoch noch immer im Banne des Polarlichtes fest, und sie wollen dort bleiben. Die Bildsprache des Kameramannes Leonid Kasavtschinskij sorgt dafür, dass uns diese Region in Erinnerung bleibt.

Kontakt: Filmstudio Novosibirsk / Russland

 

ENGEL IN LENINGRAD, WO IST DEIN KREUZ GEBLIEBEN
In der Sankt-Petri-Kirche auf dem Newski-Prospekt in St.Petersburg, die seit 1836 als Hauptkirche für die deutschen evangelischen Gemeinden in Russland gedient hat, befindet sich 1991 noch immer eine Schwimmhalle der Baltischen Flotte. Der Film nutzt die visuellen Ausdrucks-Möglichkeiten, die sich aus diesen Fakten ergeben. Denn das, was hier einmal eingebracht wurde – die Brüllowsche Architektur, die Wandmalereien Maximilian Messmachers – wird unmittelbar mit dem konfrontiert, was 1991 mit diesem bedeutenden Sakralbau in der Kunststadt an der Newa geschieht, eben jenem sportlichen Treiben. Die Meinungen derer, die ihn zweckentfremdet nutzen, werden formuliert. Dagegen stehen die Ansichten der deutschen Gemeindemitglieder und russischer Intellektueller aus Sankt Petersburg. Der ausgelassene Badebetrieb mit seinen Attraktionen wird in seiner ganzen Unangemessenheit deutlich; man stellt ihn öffentlich in Frage.
Drei Jahre sind mindestens nötig, um das Bad wieder in einen Dom zu verwandeln. In Verborgenem sind schon die Vorarbeiten getroffen; aus den Aussagen im Film geht auch hervor, dass dies geschehen wird.
Wir begegnen Ronald Lingen, Jahrgang 1910, und sind bei ihm zu Hause. Während er die Partitur eines Klavierauszuges seiner Komposition „Via dolorosa“ zurecht legt, erzählt er uns seine Geschichte: Lebenslängliche Verbannung nach Kolima, Zwangsarbeit, weil er Deutscher ist und außerdem einer Adelsfamilie zugehört. 1929 hat er die nahe gelegene Petri Schule absolviert, er wollte Komponist werden… Großes hatte er vor, nun bleibt ihm die Hoffnung, dass seine Enkeltochter Natalia in dieser Stadt die deutsche Sprache noch einmal richtig wird lernen können. Robert Leinonen, Jahrgang 1921, ein Dichter, Mathematiker, Historiker aus Passion, hat in seinem kleinen Zimmer eine große technische Karte des Smolensker Friedhofs, des ältesten der Stadt, angebracht, und in unmittelbarer Nähe findet auch eine umfangreiche Kartei Platz – er dokumentiert die Ruhestätten derer, die diese Stadt wesentlich miterbaut haben. Die Protagonisten des Films reflektieren über eine Kontinuität der Kultur und der seelischen Kraft des Menschen am Newa-Ufer, in der Hoffnung, dass sie sich auch jetzt beweisen dürfte.
Über die Belange der deutschen evangelisch-lutherischen Kirchen in Russland spricht Bischof Haralds Kalninsch in Riga und erinnert daran, dass das Nehmen und Geben im Leben des Menschen ausgewogen bleiben muss. Er sagt uns, dass alle Kirchen Leningrads in kürzester Zeit wieder aufgebaut werden sollten, damit die Stadt gesunden kann, und so ist zu hoffen, dass dem Engel auf dem Dom das Kreuz bald wieder zurückgegeben wird. Die Kamera von Wolfgang Dietzel zeigt die Stadt an der Newa und ihre Menschen mit achtungsvoller Aufmerksamkeit.

Kontakt: Progress Film-Verleih GmbH; verleih@progress-film.de

 

DIE ÄLTESTE – VERMÄCHTNIS EINER 108 - JÄHRIGEN
Dieser kurze Film ist ein seltenes Dokument, denn die älteste Frau Deutschlands spricht mit uns über das Wesentliche. Mit einer langen Einstellung durch den Raum 1878 im Museum für Deutsche Geschichte beginnt der Film. Es ist das Geburtsjahr von Emma Wagner. Sie ist in Gotha – Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha – geboren und hat ihr ganzes Leben in dieser Stadt gelebt. Nur für eine kurze Zeit im 2.Weltkrieg ist sie nach Flensburg gereist, um ihre Tochter Hilda
von der Arbeit im Rüstungswerk zu befreien. Zwei Kriege musste sie erleben, im ersten blieb ihr Mann. Sie hat ihre Tochter Hilda allein erzogen. Die Tochter wurde Sängerin und Pianistin. Nach dem zweiten Weltkrieg haben Mutter und Tochter die erste Musikschule in Gotha gegründet. Im Film begegnen wir beiden. Der Zuschauer vernimmt eine Sprache, die es heute so nicht mehr gibt. Das ist überraschend und zwingt zur Aufmerksamkeit, um sich in diese Sprechweise hineinzuhören. Die einfühlsame Kameraführung von Hans-Eberhard Leupold ermöglicht das auch. Immer wieder führen Stadtbilder zu dieser seltenen Zeugin eines Jahrhunderts, man gewinnt den Eindruck einer persönlichen Begegnung mit Emma Wagner, die uns ihr „moralisches Testament“ übergibt. Sie spricht in Gleichnissen: ...Die Gänseblümchen auf der Wiese, sie werden nicht beachtet. Kennen sie Gänseblümchen? Die verschwinden ehe man sie pflückt, verschwinden in der Erde. Sie kommen aber wieder. Zu Tausenden kommen sie wieder, die kleinen, weißen, unscheinbaren Gänseblümchen.“

Kontakt: Progress Film-Verleih GmbH; verleih@progress-film.de

 

…WEIL ICH NICHT SINGEN KANN, MALE ICH
Auf einem kleinen Schiff, das von Schwedt nach Mescharin fährt, sind Ärzte, Ingenieure, Arbeiter, Konstrukteure, Landwirte, Lehrer zu sehen, die in ihrem
Zeichenblock etwas skizzieren. Was mag sie dazu treiben, nach oft hartem Arbeitstag ihre Sprache in der Kunst zu suchen? Dieser Frage geht der Film nach. Ein Bergarbeiter, eine Tierärztin, eine Landwirtin erzählen eingehender davon, warum sie diese Arbeit suchen, und wir erfahren einiges aus ihrem Leben. Erstaunliche Bilder sind da entstanden, und wenn man sie anschaut, ist oft schwer zu vermuten, dass ihre Schöpfer tagtäglich noch einer anderen Arbeit nachgehen und nicht Berufskünstler sind. In jedem liegt ein Keim zum schöpferischen Tun, und der Film lässt erahnen, wie es erweckt werden kann. „Eigentlich male ich, weil ich nicht singen kann. Truman Capote sagt uns: Die Welt ist voll von Menschen, die alles wissen und nichts verstehen. Und ich glaube, bei mir ist das auch das Verstehenwollen, weswegen ich male“ - das ist nur eine der vielen Überlegungen zum künstlerischen Schaffen seiner Protagonisten, die der Film aufnimmt.
Die Kameraführung von Christian Lehmann gewährt nachhaltig Einblick in die Arbeit jener Volkskünstler; sie zeigt den hohen Himmel im Norden Deutschlands, die blühenden Wiesen am Elb-Ufer und die Stadt Gera, Orte, in welchen die drei Protagonisten zu Hause sind. „Die Massenmedien programmieren die Menschen ganz ungeheuer. Es gibt gewiss sehr schöne Sendungen, die für mich auch sehr wertvoll sind, aber man kann sich nicht nur da hinsetzen abends um sechs; und das ist ja eigentlich ein Zug unserer Zeit, dass die Leute nur noch konsumieren. Und ich breche aus,“ - eine Erkenntnis, die ganz im Sinne dieses kurzen Films ist.

Kontakt: Progress Film-Verleih GmbH; verleih@progress-film.de

 

ICH HAB’ ETWAS HEIMGETRAGEN – MAX LANGER
„Winter im Dorf“ – Max Langers Lieblingsbild führt uns an jenem Februarsonntag 1988 in sein Atelier, in dem die vier Kinder des Malers beisammen sind. Sie sind nach Hause gekommen, um mit ihrer Mutter den
60. Hochzeitstag der Eltern zu feiern. Der Vater lebt nicht mehr, aber aus den Erinnerungen der Kinder erfahren wir vieles über diesen erstaunlichen Künstler der Oberlausitz. Besonders seine Hinterglasmalereien haben ihn europaweit berühmt gemacht; seine Werke gehören jetzt zum Fundus des Dresdener Kupferstichkabinetts, sind im Museum der Moritzburg in Halle oder im Stadtmuseum Zittau zu sehen. Mit vierzehn schuf Max Langer meisterhafte Zeichnungen wie „Mein Vater“ und „Mein Bruder Alvin“. Sein Bruder kam aus dem ersten Weltkrieg nicht mehr zurück, und der hochbegabte Max konnte sich mit dem Boheme – Leben der Münchener Künstlerateliers nicht befreunden und kehrte zurück nach Niederoderwitz. Er verdiente sein Brot mit Stubenmalen, seine Wandmalereien schmücken so manchen Raum im Ort. Er hat der eigenen künstlerischen Arbeit stets Sinn abverlangt und folgte immer seinem inneren Auftrag. „Alle Kunst ist der Freude gewidmet“ - das war auch seine Überzeugung. Als der zweite Weltkrieg anbrach und er 1939 einberufen wurde, wusste er drei Wochen nicht zu schlafen, um so krank zu werden, dass man ihn aus dem Krieg herausholte. Aus der Anstalt für Geisteskranke hat ihn dann nur die Liebe seiner Frau gerettet, die den Ärzten zu beweisen vermochte, dass er eigentlich nicht krank, wohl aber unfähig sei, den Krieg auszuhalten. Nachdem er das Personal des Krankenhauses gezeichnet hatte, erreichte sie, dass man ihn zu Hause betreuen durfte.
Im Dezember 1945 hat er auf dem Zittauer Weihnachtsmarkt für die Kinder Bilder auf Glasscherben gemalt. Seitdem sind Jahre vergangen. Max Langers Hinterglasbilder, Flaschen, Schachteln, Teller, vor allem aber seine „Lebensbäume“ sind zu Kostbarkeiten geworden. Er war ein bescheidener Mann. Sein Leben lang hat er als Stubenmaler gearbeitet, die Kunst blieb ein Nebenbei, wenngleich sein Eigentliches. Nach seinem Werk befragt soll er geantwortet haben: „Ich hab’ etwas heimgetragen, wie die Biene Honig“.
Dass sein Heimatort und seine Bilder so überzeugend wirken, ist der Kameraführung Wolfgang Dietzels zu danken.

Kontakt: Deutsches Rundfunkarchiv (DRA); www.dra.de

 

…UND ICH STUDIERE HIER IN WROCLAW
Der Film zeigt die Stadt an der Oder, an deren berühmtesten Bildungsstätten
Polytechnika Wroclawska und Leopoldina auch Studenten aus der DDR lernen. Meist sind es künftige Naturwissenschaftler, in derer Leben die Worte
Max Plancks: „Wohin und wie weit wir blicken, zwischen Religion und Naturwissenschaft finden wir nirgends einen Widerspruch, wohl aber gerade in den entscheidenden Punkten volle Übereinstimmung,“ nun eine Aktualisierung besonderer Art erfahren. Die Studenten suchen sich in einer Umgebung mit wechselvoller und spannungsreicher Geschichte zurechtzufinden, haben neue Freunde, Lehrer und auch spezifische Erkenntnisse gewonnen, merken indes vielfach, dass weder ihr Alltag, noch bisherige Wertvorstellungen aufgehen, wenn nur die mitgebrachten Schemata fortgeschrieben werden.
Begegnungen mit dem Rektor der Polytechnika, mit einem 70-jährigen Laboranten, der zur Kriegszeit dort war, mit der Direktorin des Stadtmuseums, nicht zuletzt die tragische Geschichte des zweiten Bürgermeisters der Stadt während des Krieges Dr. Spielhagen, der sich gegen die Verwandlung dieser Kunststadt zur Festung wehrte, doch auch die Begegnungen mit Kindern einer Schule, in der in Deutsch unterrichtet wird und zu der die Studenten Kontakt halten, mögen den Zuschauer nachdenklich stimmen: Was ist wichtig an der Geschichte dieser Stadt? Wie denkt man hier und warum denkt man so? Unversehens stehen die Fragen zu Krieg und Frieden im Raum, auch die nach Glück. Ebenfalls die nach den anderen Denkweisen des Nachbarn. „Er sprach über Gott, ich nicht,“ sagt einer der Studenten, „aber eigentlich meinten wir das gleiche…. “ Wo einst Kopernikus lebte, wird weiter nach einem brauchbaren neuen Weltbild gesucht, auch dann, wenn man anscheinend nur sein tägliches Studienpensum absolviert. Die Stadt an der Oder mit ihren Kunstschätzen und Besonderheiten hat durch Hans-Eberhard Leupolds Kameraführung einen besonders faszinierenden Bildausdruck gewonnen.

Kontakt: Deutsches Rundfunkarchiv (DRA); www.dra.de

 

HANSEATIN UNTERWEGS – WEIHNACHTSKRIPPEN AUS ALLER WELT
Aus 56 Ländern der Welt hat die Hamburgerin Mechthild Ringguth Weihnachtskrippen gesammelt und bewahrt. 1992 bringt sie ihre einmalige Kollektion über die Ostsee nach Riga und stellt sie dort in dem weiten Kirchenschiff der Petri-Kirche auf. In nahezu drei Jahrzehnten hat sie, die langjährige Leiterin des Archivs der Deutschen Wochenschau, einen Schatz von Glaubenszeugnissen zusammengetragen, der zugleich für eine christliche Ethik steht, für deren Durchsetzung im Alltag sie sich engagiert. Nach den Motiven ihrer Passion befragt, antwortet die Sechzigjährige jedoch, dass sie sie nicht zu artikulieren vermag. Sie kann nur so leben, wie sie es tut. Der Film sucht dies sinnfällig zu machen.
Der höchste aus Holz erbaute Kirchturm der Welt von St. Petri zu Riga brach 1941 am Tag des Heiligen Petrus in den Flammen des 2.Weltkrieges zusammen; ein Rigaer Fotograph hat diesen Augenblick fixiert. 1992 trägt die Kirche nun ein stählernes Haupt und dient als Museum. Mechthild Ringguths Ausstellung der Weihnachtskrippen aus Deutschland, Frankreich, Polen, Ägypten, Irland und vielen anderen Gegenden der Welt in dieser Kirche mag als Zeichen dafür dienen, dass die Vision des Christentums von einem friedlichen Weg der Menschheit wieder aufgenommen werden kann.

Der Film zeigt, wie über Vergangenheit und Zukunft nachgedacht wird, und er macht dabei unverwechselbare Haltungen der Einwohner von Riga deutlich. Lettland durchlebte im Herbst 1992 eine schwierige Zeit, und Hagen Graf Lambsdorff, deutscher Botschafter in Lettland, erklärt in einem Gespräch mit dem Vizepräsidenten der Akademie der Wissenschaften Lettlands, Professor Janis Stradinsch, warum die Ausstellung der Hamburgerin so wichtig sei. Professor Stradinsch spricht über den geistigen Sinn Europas und die Rolle des kleinen Volkes darin.
Während des Aufbaus der Ausstellung kommt es zu einer Zufallsbegegnung mit einem Johanniter aus Deutschland, der mit Gütern der Humanitären Hilfe in Lettland unterwegs ist. Er erzählt kurz, warum auch er heute noch Weihnachtskrippen gestalten kann: Eine russische Babuschka habe ihm ein Paar Handschuhe geschenkt, als er bei Leningrad in Gefangenschaft war, und das hat ihm die Hände gerettet; seine Puppen haben daher ein russisches Aussehen.
Der Film zeigt die Protagonistin auch in ihrem Zuhause in Hamburg; Ehrenamtlich arbeitet sie, die auch Kirchenbesucher durch den Hamburger Michel führt, in vielen Naturschutzgremien, im WWF und bei Greenpeace mit. Das Maß des Machbaren für den Einzelnen wird im Engagement von Mechthild Ringguth sichtbar. In Riga fanden über 50 000 Besucher den Weg in die Krippen-Ausstellung der Hanseatin. Der Kamera von Ingo Baar gibt auf überzeugende Weise Einblick in die seltene Kollektion von Mechthild Ringguth und die zwei Hansestädte.

Kontakt: defa spektrum gmbH; info@defa-spektrum.de

 

DIE BESONDERE FARBE VON LENINGRAD –
BEGEGNUNGEN MIT KÜNSTLERN UND SCHRIFTSTELLERN DER EINST BELAGERTEN STADT

Ein seltenes und ausdrucksvolles Dokument, in dem elf Kunstschaffende, die die 900 Tage dauernde Belagerung der Stadt an der Newa während des Zweiten Weltkrieges überlebt haben, 1973 über ihr Wirken in der eingeschlossenen Metropole reflektieren. Im Zentrum steht dabei die Frage: Wie haben sie die Belagerung zu bezwingen vermocht? Tief verinnerlichte Überzeugungen werden geäußert, die alle einen gemeinsamen Nenner haben – den Glauben an die Menschlichkeit.

Die legendäre Dichterin der Stadt, Olga Bergholz, die man den Engel Leningrads nannte, da sie die Belagerten alle 900 Tage mit ihrer Stimme und ihrer Hoffnung geweckt hat, erzählt im Film über den Alltag der Eingeschlossenen und die Kraft des Glaubens, die den Menschen weiterzuleben half. Vom Maler Nikolajev stammt die Aussage, dass die Stadt während der Belagerung eine ganz besondere, heute unbeschreibbare Farbe hatte.
Es wurden damals auch Bilder gemalt, und es fanden Ausstellungen, Konzerte und Theateraufführungen statt. Auf dem Platz vor der Isaak-Kathedrale wuchs Weißkohl; ihre kargen Nahrungsmittel bekam die 6-Millionen-Stadt über den Lebenspfad, der den Ladogasee überqueren musste und ständig von den Belagerern im Beschuss gehalten wurde. Die hohe Einwohnerzahl, so erklärte man uns, liegt nicht zuletzt daran, dass viele Flüchtlinge aus den zuvor besetzten Gebieten dort unterzukommen suchten. Die Lebensmittel-Vorräte der Stadt wurden im September 1941 gezielt von den Belagerern vernichtet.
„Aber die Musen schwiegen nicht“ heißt ein einzigartiges Museum an der Schule 235, das 1973 über tausend Exponate aufbewahrt – alles, was die Schüler über das künstlerische Leben der Belagerungszeit zusammentragen konnten. So den Dirigentenstab von Karl Eliasberg, unter dessen Leitung die Leningrader Symphonie von Dimitrij Schostakovitsch dort ihre Uraufführung erlebte. Einige Passagen des Werkes nimmt der Film auf. Erstaunlich ist die Offenheit der Protagonisten dem deutschen Filmteam gegenüber, und sie führt zu einem tieferen Einblick in das Phänomen des Widerstands der Leningrader, der die Absichten der Belagerer vereitelte und den Wendepunkt im Kriegsgeschehen bedeutete. Der emotionalen Intelligenz der Kameraführung von Werner Kohlert ist es zu verdanken, dass die Stadt und die Protagonisten mit ihrem Vertrauen dem Zuschauer sehr nahe sind. Die Trickarbeiten von Moser & Rosier geben durch die Fotos aus der damaligen Zeit eine intensivere Vorstellung vom Leben während der Belagerung der Kunstmetropole an der Newa.

Kontakt: Deutsches Rundfunkarchiv (DRA); www.dra.de

 

DER BLICK
Ein kurzer Film, in dem über das Leben von Asja Lacis und Bernhard Reich reflektiert wird. In ihrem Sommerhaus von Murjani schaut das betagte Künstlerpaar auf die Vorkriegszeit zurück und gibt Auskunft darüber, wie man die widrigen Umstände des Lebens am besten bezwingen kann. Beide waren den Repressalien der Vorkriegszeit in der Sowjetunion ausgesetzt. Der Mann wurde verhaftet, weil er Briefe an seine schon in Verbannung lebende Frau schrieb und zu ihr stand. Ein Grund für die Verbannung von Asja Lacis war nicht auszumachen; vielleicht hat man sie nach Kasachstan gebracht, weil sie Lettin ist. Nach ihrer Rückkehr durfte sie darüber nicht reden, konnte aber wieder als Regisseurin an einem kleinen Theater in Lettland arbeiten. Bernhard Reich war in den hohen Norden verbannt worden und kam erst viel später frei. Er erzählt im Film, dass er die Jahre im Lager nur durch geistige Tätigkeit überleben konnte; er bereitete sein Buch „Im Wettlauf mit der Zeit“ vor, 1970 wird es in Berlin erscheinen. Der emotionalen Kameraführung von Egils Ermansons verdankt der Film seinen lyrischen Ausdruck.

Kontakt: Latvijas Televizija, Riga /Lettland

 

Kontaktadressen der Verleiher und Archive:

*defa-spektrum gmbH, Chausseestr. 103, D-10115 Berlin,
info@defa-spektrum.de; Tel.: 030-246562115

*Deutsches Rundfunkarchiv (DRA), Marlene-Dietrich-Allee 20,
D-14482 Potsdam-Babelsberg, www.dra.de; Tel: Zentrale Info 0331-5812-0

*Progress Film-Verleih GmbH, Immanuelkirchstr. 146, D-10405 Berlin, www.progress-film.de; verleih@progress-film.de; Tel.: 030-24003-0

*Ö Filmproduktion GmbH Frank Löprich & Katrin Schlösser,
Erich-Weinert-Str. 59, D-10439 Berlin, mail@oefilm.de; Tel.: 030-44008077

 


 

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